Wissensvermittlung
Ernst Sommerlad:
Neues Bauen für St. Gallen
Die 1930er Jahre waren im Kanton St.Gallen eine wirtschaftlich schwierige Zeit. Die grosse Abhängigkeit von der Textilindustrie, welche um die Jahrhundertwende so geboomt hatte, entpuppte sich nun als Klumpenrisiko. Bis neue Dienstleistungsunternehmen und Fabrikationswerke gegründet werden konnten und für Aufschwung sorgten, dauerte es bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Bautätigkeit reduzierte sich schon mit Eintreten des Ersten Weltkriegs markant und kam in den 1930er Jahren fast zu einem Stillstand.
Ein Architekt jedoch trotzte nicht nur den widrigen wirtschaftlichen Umständen, sondern meisterte auch diverse andere Schwierigkeiten: Ernst Sommerlad, geboren in Deutschland und seit 1924 in Liechtenstein ansässig, wehrte sich erfolgreich gegen Tätigkeitsverbote, gegen Repressionen von staatlicher Seite, gegen den Neid seiner einheimischen Konkurrenten. Er hat in der Stadt und im Kanton St.Gallen ein ansehnliches Werk mit zahlreichen Villen, Ein- und Zweifamilienhäusern hinterlassen.
Sein grösstes Ensemble ist an der Schubertstrasse in der Stadt St.Gallen erhalten, wo Sommerlad nicht nur sechs unterschiedliche Einfamilienhäuser, sondern auch den Freiraum gestalten konnte. Drei weitere, markante Wohnbauten befinden sich in St.Gallen an der Sonnenhaldenstrasse und der Oberen Berneggstrasse. Daneben sind vorab im Rheintal repräsentative Villen entstanden, die sich wie die Perlen einer Kette aneinanderreihen: Stand heute sind Wohnbauten in Rorschach, St. Margrethen, Heerbrugg, Buchs, Trübbach, Sargans und Walenstadt bekannt.
Die Vorlesung über die St.Galler Bauten von Ernst Sommerlad widmet sich in erster Linie der architektonisch-gestalterischen Aufarbeitung und Einordnung des Werks. Daneben sollen aber auch die ökonomischen und sozialen Gegebenheiten der Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg in den Fokus rücken: Hier gibt es durchaus noch unerforschtes Terrain.