Forschung

Ernst Sommerlad, Architekt
(1895–1977)

Das architektonische Werk von Ernst Sommerlad im Fürstentum Liechtenstein und der Schweiz soll erforscht und besser erschlossen werden. Ich darf das Kapitel über die Bauten im Kanton St. Gallen schreiben.

Die 1930er Jahre waren im Kanton St. Gallen eine wirtschaftlich schwierige Zeit. Die grosse Abhängigkeit von der Textilindustrie, welche um die Jahrhundertwende so geboomt hatte, entpuppte sich nun als Klumpenrisiko. Bis neue Dienstleistungsunternehmen oder Fabrikationswerke gegründet werden konnten und für Aufschwung sorgten, dauerte es bis weit nach dem zweiten Weltkrieg. Die Bautätigkeit reduzierte sich schon mit Eintreten des ersten Weltkriegs markant und kam in den 1930er Jahren fast zu einem Stillstand.

Ein Architekt jedoch trotzte nicht nur den widrigen wirtschaftlichen Umständen, sondern meisterte auch noch diverse andere Schwierigkeiten: Ernst Sommerlad, geboren in Deutschland und seit 1924 in Liechtenstein ansässig, wehrte sich erfolgreich gegen Tätigkeitsverbote, gegen Repressionen von staatlicher Seite, gegen den Neid seiner einheimischen Konkurrenten. Er hat in der Stadt und im Kanton St. Gallen ein schillerndes Werk mit zahlreichen Villen, Ein- und Zweifamilienhäusern hinterlassen.

Sein grösstes Ensemble ist an der Schubertstrasse in der Stadt St. Gallen erhalten, wo Sommerlad nicht nur sechs unterschiedliche Einfamilienhäuser, sondern auch die wesentlichen Elemente des Freiraums gestalten konnte: Einfriedungen, Gartentörli und Erschliessungswege. Drei weitere, markante Wohnbauten befinden sich in St. Gallen an der Sonnenhaldenstrasse und der Oberen Berneggstrasse. Daneben sind vorab im Rheintal repräsentative Villen entstanden, die sich wie die Perlen einer Kette aneinanderreihen: Stand heute sind Wohnbauten in Rorschach, St. Margrethen, Heerbrugg, Buchs, Trübbach, Sargans und Walenstadt bekannt – weitere Funde sind zu erwarten.

Es ist höchste Zeit, dass dieses interessante Werk erschlossen und für Hausbesitzer:innen, Architekt:innen, Planende, Behörden und Interessierte besser zugänglich wird! Das Kapitel über die St. Galler Bauten von Ernst Sommerlad dient in erster Linie der architektonisch-gestalterischen Aufarbeitung und Einordnung des Werks. Daneben sollen aber auch die ökonomischen und sozialen Gegebenheiten der Jahre vor dem zweiten Weltkrieg in den Fokus rücken: Hier gibt es noch viel unerforschtes Terrain.

Beteiligte

Sommerlad Stiftung, Fürstentum Liechtenstein

Prof. Dr. Katrin Albrecht, Professorin für Architekturgeschichte und Theorie, OST Ostschweizer Fachhochschule

Patrik Birrer, Denkmalpfleger, Leiter Amt für Kultur, Fürstentum Liechtenstein

Dr. sc. ETH Britta Hentschel, Hochschuldozentin für Geschichte und Theorie in der Architektur, Universität Liechtenstein

Marcel Just, Herausgeber und Ausstellungskurator, Zürich

Thomas Keller, dipl. Architekt ETH, Schaan FL

Rahel Lämmler, Architektin und Autorin, Zürich

Bildquellen

Denkmalpflege der Stadt St. Gallen
Peter Uhler, St. Gallen
Ideales Heim Nr. 10/1935